Der Trauer Worte geben
Der Trauer Worte geben

Presseartikel 

 

Dienstag, 08.10.2024 - ECHO

 

Das Wichtigste ist das Zuhören

Bestatterin Judith Fischer und Trauerrednerin Angela Sawinski

arbeiten in Nauheim Hand in Hand

Von Charlotte Martin

NAUHEIM . Die würdevolle Gestaltung des letzten Wegs

braucht einfühlsames Zuhören und kompetente Beratung: Das

berichteten die Bestatterin Judith Fischer und die

Trauerrednerin Angela Sawinski kürzlich auf Einladung des

VdK-Ortsvereins von Nauheim.

 

In einem weiteren Gespräch gehen die beiden Frauen

bezüglich ihrer Arbeit ins Detail. „Trauerrednerin zu sein, ist für mich

Berufung“, sagt Sawinski. Sie absolvierte im Jahr 2017

nach Ende ihres Berufslebens in einem internationalen

Chemiekonzern eine Ausbildung zur zertifizierten

Trauerrednerin. „Ich wollte etwas machen, was unmittelbar mit

dem Leben zu tun hat und der Tod gehört zum Leben – er

betrifft jeden. Dennoch sind Tod und Sterben durchweg noch

Tabuthemen“, sagt sie.

 

Die Entscheidung, Trauerrednerin zu werden, habe auch mit

ihrem Interesse an Lebensläufen sowie mit ihrer Liebe zur

Sprache zu tun, sagt Sawinski: „Ich schreibe und lese gern.“

Vor allem Lyrik liege ihr: „Bisweilen flechte ich einen Vers, der

an Vergänglichkeit und Hoffnung rührt – etwa von Hermann

Hesse – in meine Trauerrede ein“, sagt sie.

 

Judith Fischer, die eigentlich Bäckergesellin und Diätassistentin

gelernt hat, und „der Liebe wegen“ in die Möbelschreinerei der

Familie ihres Mannes kam, sagt: „Früher war es so, dass der

Schreiner im Ort auch Bestatter war. Heute ist mein Mann

Geschäftsführer der Sparte Wohnkultur und ich bin allein im

Bestattungsinstitut Schneider zuständig.“

 

Und wie hat das ihr Leben verändert? „Mit dem Ende des

Lebens zu tun zu haben, erweitert den Horizont und vieles, was

mir früher wichtig schien, ist es nicht mehr. Das Wesentliche ist,

sich mit den liebsten Menschen Zeit zu nehmen, denn das

Leben ist kurz – egal, wie alt wir werden.“

Angela Sawinski bestätigt: „Das Amt als Trauerrednerin macht

dankbar und macht sehr bewusst, wie wertvoll jeder Tag ist.“

Meistens nehme das Bestattungsinstitut Kontakt zu ihr auf,

worauf sie sich mit den Angehörigen verabrede. Allerdings:

„Wenn ein Kind gestorben ist, übernehme ich keine Trauerrede.

Da habe ich persönlich meine Grenze gezogen, denn mir

würden Worte der Hoffnung fehlen.“Das Wichtigste beim Trauergespräch

sei das Zuhören. Das Gespräch öffne Raum für Gefühle:

„Jeder Mensch trauert anders. Alle sind im Ausnahmezustand, wenn der

Tod eines nahen Menschen eintritt – auch wenn das Ende absehbar

schien“, sagt Sawinski. „Vertrauen ist das Wichtigste, damit

Angehörige sich öffnen. Manchmal geht es im Gespräch auch

um Unschönes und Streit in der Familie.“

 

Oft seien beim Tod alter Menschen deren Enkel hilfreich:

„Während die Älteren noch in Konflikten verhaftet sind,

erzählen Enkel einfach vom leckeren Kartoffelsalat, den der

Opa machte“, skizziert sie, wie sich der Blick weiten lässt. In

ihrer Rede porträtiere sie den Verstorbenen würdevoll und

wende sich lebensphilosophischen Fragen zu, spreche Trost

aus im Gedenken an alles Schöne, das es gab. Oft verliere das,

was strittig war, in der Trauer an Bedeutung. Sie sagt: „Ich

wünsche mir, dass eine Trauerfeier so einfühlsam gelingt, dass

sie bewegt und dem Abschied vom Verstorbenen Raum gibt.

Schließlich endet hier eine einzigartige Lebensspur.“

 

375 Euro koste ihre Arbeit als Trauerrednerin alles inklusive, sie

nehme sich viel Zeit fürs Gespräch und Verfassen der

Trauerrede. Die Bestatterin Judith Fischer sagt, sie arbeite gern

mit Angela Sawinski zusammen: „Wir besprechen den Ablauf

der Trauerfeier inklusive der Musik. Meist findet die Trauerfeier

in der Trauerhalle des Friedhofs statt, manchmal mit drei

Angehörigen, manchmal mit 200 Gästen.“

 

80 bis hundert Bestattungen pro Jahr übernehme sie in der

Region. Ihr Part sei vor allem Beratung, Planung und

Organisation der Bestattung: „Aber oft fließen dabei auch

Tränen und vieles muss von der Seele“, sagt Fischer. Sie

schätze, dass rund 60 Prozent aller Bestattungen von Pfarrern

begleitet würden, 40 Prozent der Angehörigen wünschten einen

freien, konfessionell unabhängigen Trauerredner.Angela Sawinski merkt an, dass dennoch ein „Vater Unser“ am Ende der Trauerfeier oft willkommen sei.

 

Eine Bestattung koste je nach Ausgestaltung – sei es Erd-, Feuer-,Urnen-oder See- und Baumbestattung - 1500 bis 6500 Euro oder mehr, sagt die

Bestatterin. Kosten für Trauerhalle und Grabstelle würden separat an die Gemeinde gezahlt. „Ja, der Tod ist teuer“, sagt Judith Fischer.

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